Kamerafalle – weshalb nur?

«Kamerafalle»!
Das klingt zunächst einmal nach etwas Gefährlichem, Hinterlistigem. Wobei, «Kamera» deutet immerhin darauf hin, dass es dabei wohl nicht um Leben und Tod geht.
Eine «Kamerafalle» ist jedoch nichts anderes als ein Fotoapparat, welcher ohne direktes menschliches Zutun von einem Sensor ausgelöst wird. In der Regel kommen dafür Bewegungsmelder -sogenannte PIR-Sensoren- oder Lichtschranken zur Anwendung. PIR-Sensoren senden ein Auslösesignal an die Kamera, wenn in ihrem «Sichtbereich» eine Wärmeveränderung festgestellt wird. Lichtschranken senden dasselbe Signal dann, wenn ein sichtbarer oder unsichtbarer Lichtstrahl aus irgend einem Grund unterbrochen wird. Idealerweise bringt ein vor der Kamera vorbeiziehendes Tier den Sensor und damit die Kamera zur Auslösung. Unglücklicherweise reagieren die Sensoren aber auch auf nicht von Lebewesen stammende Wärmeunterschiede, Insekten, sich im Wind bewegende Objekte usw. Deshalb ist damit zu rechnen, dass bei der Verwendung einer «Kamerafalle» eine grosse Anzahl an Bilder entsteht, welche aufgrund eines fehlenden Hauptmotives unbrauchbar sind.
Die durch den Sensor gesteuerte Kamera kann mit einem oder mehreren Blitzen ergänzt werden. So sind auch Aufnahmen bei Dunkelheit möglich.
Seit einigen Jahren geniessen solche «Kamerafallen» wachsende Beliebtheit bei Tierfotografen. Einige Gründe, weshalb dies so ist möchte ich hier näher erläutern.
1. Anderer «Bildlook»
Aufgrund der grossen Fluchtdistanz vieler Tiere verwenden Tierfotografen oft Teleobjektive mit langer Brennweite, meist kombiniert mit einer möglichst weit geöffneten Blende. Das Resultat sind dann die «klassischen» Tierportraits mit dem scharf abgebildeten Viech im Vordergrund und einem mehr oder weniger weichgezeichneten Hintergrund.
Mit einer «Kamerafallen» sind Aufnahmen viel näher am Tier möglich, da hier die Scheu vor dem Menschen bei den Tieren keinen Einfluss auf die Aufnahmedistanz hat. Entsprechend ist es möglich, die Tiere aus viel näherer Distanz mit einem Weitwinkelobjektiv aufs Foto zu bannen. Zusammen mit einer grossen Schärfentiefe entstehen Bilder mit einem anderen «Bildlook» als übliche Tierbilder. Die Bilder zeigen mehr von der Umgebung in der das Tier lebt und gleichen eher einer Mischung aus Tier- und Landschaftsaufnahme.
2. Neue fotografische Perspektiven
Wenn -wie oben beschrieben- die Kamera näher beim Tier platziert werden kann, sind auch neue Perspektiven möglich. Hier bietet die Verwendung von Weitwinkelobjektiven ebenfalls erweiterte Möglichkeiten, beispielsweise die Illusion, sich als Betrachterin oder Betrachter beinahe mitten in der Szene zu befinden.
3. Aufnahmen von scheuen Tieren
Manche Tierarten zeigen sich sehr scheu gegenüber Menschen. Mit einem oder mehreren stark ausgeprägten Sinnen gelingt es ihnen, schon auf weite Entfernung die Anwesenheit von Menschen festzustellen und Abstand zu diesen zu halten. Die Chance, Bilder solcher Tiere machen zu können, erhöht sich mit Kamerafallen. Die Tiere gewöhnen sich mehr oder weniger schnell an den «Fremdkörper» in ihrem Territorium. Am «richtigen» Ort aufgestellt sind dann eindrucksvolle Aufnahmen scheuer Tiere möglich.
4. Aufnahmen von nachtaktiven Tieren

Nicht alle Tiere sind bei Tageslicht aktiv. Etliche Tiere bevorzugen vorwiegend die Dämmerung oder Dunkelheit für ihre Aktivitäten. Für das menschliche Auge sind nachtaktive Tiere nur schwer oder gar nicht zu beobachten und damit auch praktisch nicht zu fotografieren. Sensoren funktionieren auch bei wenig oder gar keinem Licht einwandfrei und mit entsprechendem Equipment (Blitze) ist es möglich, selbst während mondlosen Nächten noch Tiere scharf auf Fotos abzubilden.
5. Spass
Das Fotografieren mit «Kamerafallen» macht Spass. Einerseits, weil der Aufwand relativ gering ist zu tollen Bilder zu kommen. Einmal aufgestellt kann die Falle wochenlang stehen gelassen werden. Einzig ein Akkuwechsel und etwas Reinigungsarbeiten an Kamera und Linse sind zwischendurch notwendig. Ansonsten zeichnet die Kamera selbstständig die Bilder auf.
Andererseits ist es auch immer spannend, nach einigen Tagen oder Wochen die entstandenen Bilder zu begutachten. Öfters kann man sich dabei auch über die eine oder andere «Perle» freuen, die sich unter den Bildern befindet. Wobei auch nicht verschwiegen werden soll, dass es auch frustrierend sein kann, wenn wochenlang kein einziges brauchbares Bild unter den Aufnahmen ist.
«Kamerafallen» ersetzen sicher nicht die herkömmlichen Aufnahmetechniken in der Tierfotografie. Aber sie erweitern die fotografischen Möglichkeiten und ermöglichen neue überraschende Ansichten. Dies entspricht genau dem, wonach wohl jeder (Tier-)Fotograf und jede (Tier-)Fotografin strebt.
Fantastische Aufnahmen und Perspektiven, ich drücke dir die Daumen, dass noch viele hinzukommen. Vielleicht ja sogar im Winter!